Die Stechmückensaison 2020 steht vor der Tür, und das Mückenatlas-Team freut sich schon auf viele Einsendungen, denn nach wie vor zählt jede eingeschickte Mücke, um die sich jährlich verändernde Situation zu bewerten. Die zahlreichen Fragen zum Saisonstart, insbesondere zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die erwartete Anzahl der Plagegeister und deren Fähigkeit, Krankheitserreger zu übertragen, haben wir in diesem Post zusammengefasst und beantwortet:

Wird es durch den milden Winter in diesem Jahr mehr Stechmücken geben?

Das warme Wetter lockt schon die ersten Exemplare ins Freie. Ab 6 bis 7 Grad Celsius tagsüber sind Stechmücken im Frühjahr unterwegs, die auf Dachböden, in Kellern, Baumhöhlen oder Brennholzstapeln überwintert haben. Dann können die ausgehungerten Weibchen auch schon stechen, um Blut für die Eiablage nachzutanken. Allerdings können die Tiere in ihren Überwinterungsquartieren auch Minusgrade überleben – manche Arten überwintern sogar als Larven unter der Eisdecke zugefrorener Kleingewässer – sodass ein kalter Winter generell wenig Einfluss auf die Größe der kommenden Stechmückenpopulation klimatisch angepasster einheimischer Arten hat.

Macht sich der Klimawandel auch bei den Stechmücken bemerkbar?

Zur Eiablage und damit zur Vermehrung brauchen die weiblichen Tiere feuchte Brutplätze. Die zwei vergangenen, trockenen Jahre waren in vielen Teilen Deutschlands relativ arm an Stechmücken. Gerade Arten, die in Überflutungsflächen zur Entwicklung kommen, hatten 2018 und 2019 schlechte Karten. Entscheidend für die Entwicklung und die im Verlaufe des Jahres erreichten Populationsdichten sind die Witterungsverhältnisse im Frühjahr. Hausmücken beginnen meist im April mit der Eiablage, aber trotz der jüngsten Niederschläge finden sie aktuell kaum potentielle Brutplätze wie Pfützen, gefüllte Regentonnen oder Blumenvasen. Auch Feldsölle und Waldtümpel sind zum Teil komplett ausgetrocknet, weil das Wasser sofort versickert.

Diese Entwicklung ist alarmierend: Denn auch, wenn wir Menschen froh sind, dass uns keine Mücken stechen, sind sie doch wichtig als Nahrung für z. B. Vögel, Fledermäuse, Amphibien und räuberisch lebende Insekten. Auch der Brandenburger Landesverband des Naturschutzbundes (NABU) bestätigt, dass aufgrund der Trockenheit Stechmücken als Nahrungsquelle für andere Insekten und Fische fehlen.

Werden Stechmücken wirklich gefährlicher?

Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland mehrere Menschen von heimischen Stechmücken mit dem ursprünglich aus Afrika stammenden West-Nil-Virus (WNV) infiziert. Die Überträger des WNV saugen Blut sowohl an Vögeln, den Reservoiren des Virus, als auch an anderen Wirbeltieren einschließlich des Menschen und können dabei das Virus übertragen. Die Symptome der Infektion sind nicht eindeutig und können von leichter Übelkeit und Kopfschmerzen über Fieber bis hin zu schweren neurologischen Schäden variieren. Je wärmer es ist, desto schneller vermehrt sich das Virus in der Mücke, was für die Übertragung förderlich ist. Daher wird die Thematik „Stechmücken als Krankheitsüberträger“ im Hinblick auf die Klimaerwärmung auch in Deutschland immer relevanter.

Welche Rolle spielen invasive Arten?

Es ist bekannt, dass neue in Deutschland vorkommende Stechmücken-Arten vermeintlich tropische Erreger wie Dengue- oder Chikungunya-Virus übertragen können, falls diese selbst den Weg nach Deutschland finden, z. B. durch eine im Ausland infizierte, heimkehrende Person. Auch mithilfe des Mückenatlas verfolgen die Wissenschaftler die Ausbreitung dieser neuen Arten. So etabliert sich die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus vor allem in Süddeutschland (Baden-Württemberg, Bayern) an immer neuen Standorten. Die Japanische Buschmücke Aedes japonicus ist lediglich in Sachsen, Brandenburg und den beiden nördlichen Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein noch nicht angekommen. Und Aedes koreicus, auch Koreanische Buschmücke genannt, hat sich bisher in Augsburg (Bayern) und Wiesbaden (Hessen) gezeigt. Der Zuwachs an invasiven Arten in der Stechmücken-Fauna Deutschlands konnte auch mithilfe des Mückenatlas dokumentiert werden: im vergangenen Jahr haben Bürger mehr als je zuvor nicht-heimische Exemplare nach Müncheberg geschickt.