Im Jahr 2011 wurde in Deutschland ein nationales Stechmücken-Überwachungsprogramm gestartet, um die Verbreitung von einheimischen und invasiven Arten zu erforschen. Seither sind in jedem Jahr Wissenschaftler unterwegs, um in der Mückensaison Fallen aufzustellen, adulte Tiere mit Netzen oder Aspiratoren zu fangen und Larven zu schöpfen. Neben dieser professionellen Datensammlung gehört der ‚Mückenatlas‘ zum Überwachungsprogramm, der die Menge an Stechmücken und an Fundorten beträchtlich zu erhöhen versprach.

Für die Auswertung, wie etwa artspezifische Nachweiskarten, werden Daten aller Fangmethoden kombiniert. Aber wie unterscheiden sich die von den Wissenschaftlern und die von den Bürgern gesammelten Daten voneinander? Mit welchem Ansatz fängt man zum Beispiel mehr Arten oder aus welcher Landschaftsstruktur stammen die Stechmücken vorwiegend? Diesen Fragen ist das Mückenatlas-Team nachgegangen und hat die Antworten Ende 2020 im Journal of Applied Ecology veröffentlicht.

Der Anteil an unterschiedlichen Landnutzungstypen, in denen Stechmücken von WissenschaftlerInnen (Active Monitoring, links) gesammelt oder von BürgerInnen an den ‚Mückenatlas‘ (Passive Monitoring, rechts) geschickt wurden.

Wir fanden heraus, dass beide Datensätze auf unterschiedliche Weise der Stechmückenüberwachung nutzen. Die von Bürgern gesammelten Mücken kamen von viel mehr Standorten, nämlich aus 3,211 Gemeinden, als die von den Wissenschaftlern (221 Gemeinden). Weil aber die meisten Citizen Scientists die Stechmücken in ihren Wohnräumen oder Gärten fangen, gibt es in dem ‚Mückenatlas“-Datensatz eine starke Überrepräsentation von Tieren aus besiedelten Gebieten gegenüber spezialisierten Arten, die in natürlichen Biotopen vorkommen. Diese Datenverzerrung wird aber durch die Forscher wieder ausgeglichen. Da die Wissenschaftler ihre Fallen oder Sammlungsaktivitäten über viele Landschaftsstrukturen, etwa Wälder, Feuchtgebiete oder Moore, verteilen, werden auch Arten gefangen, die sich für gewöhnlich nicht in der Nähe des Menschen aufhalten.

Die Wissenschaftler und Bürger brauchten ungefähr gleich lang, um alle Arten zu sammeln, die für beide Methoden jeweils insgesamt verzeichnet werden konnten. Dabei weist der professionelle nur zwei Arten mehr auf als der ‚Mückenatlas‘-Datensatz. Allerdings wurden nicht die gleichen Arten nachgewiesen: Die Wissenschaftler konnten mehr seltene Stechmücken sammeln, während an den ‚Mückenatlas‘ mehr invasive Arten geschickt wurden. Da der ‚Mückenatlas‘ oft in bildreichen Medienberichten über invasive Stechmücken, wie Tiger- oder Buschmücke, erwähnt wird, könnte es sein, dass die Bürger gezielt nach diesen Arten Ausschau halten. Uns werden nämlich auch vermehrt Stechmücken eingeschickt, die für den Laien ähnlich aussehen mögen: dunkel, mit gestreiften Beinen und – fälschlicherweise – groß. Trotz des irreführenden Namens ist die Asiatische Tigermücke zum Beispiel relativ klein.

Letztendlich liefern beide Mückendatensätze zwar unterschiedliche Informationen, ergänzen sich dabei aber sehr vorteilhaft. Deswegen könnte es auch in anderen Ländern sinnvoll sein, Stechmücken-Überwachungsprogramme zu entwickeln, die beide Komponenten enthalten.

Pernat, N.; Kampen, H.; Jeschke, J.M.; Werner, D. Citizen science versus professional data collection: Comparison of approaches to mosquito monitoring in Germany. J. Appl. Ecol. 2021, 58, 214-223. https://www.doi.org/10.1111/1365-2664.13767.