„Ich finde interessant, was für Mücken bei mir am Haus herumfliegen“, antworteten viele Teilnehmende in einer repräsentativen Umfrage, warum sie beim Mückenatlas mitmachen. Und das sieht man auch in den gesammelten Daten: Fast drei Viertel der Einsendungen von Stechmücken an das Citizen Science-Projekt kommen aus Haus und Garten, nahezu ein Drittel dabei aus den Innenräumen wie Wohn- und Schlafzimmer, Küche oder Bad. Zeit für das Forscherteam, diese „indoor“-Einsendungen genauer unter die Lupe zu nehmen. Welche Arten halten sich besonders gern in der Nähe von Menschen auf? Und unterscheiden sich diese Stechmücken-Gemeinschaften nach dem Grad der Verstädterung? Gibt es vielleicht sogar Land- und Stadtmücken?

Um diese Fragen zu beantworten, wurden mehr als 13.000 Einsendungen analysiert. Je nachdem, an welchen Standorten die Stechmücken gefangen wurden, erhielten die Fänge eine bestimmte Urbanisierungs-Kategorie. Als Messgrößen wurden einerseits die Bodenversiegelung, also der Prozentsatz der wasser- und luftdicht verschlossenen Oberfläche, und andererseits die Bevölkerungsdichte herangezogen (siehe Abbildung). Dabei zeichnen sich urbane Standorte durch einen hohen Anteil an versiegelten Böden und eine große Bevölkerungsdichte aus, während ländliche Standorte durch weniger Einwohner und einen größeren Anteil an durchlässiger Flächen charakterisiert sind.

Abbildung: Anzahl an Einsendungen aus den jeweiligen Urbanisierungskategorien Bodenversiegelung (a) und Bevölkerungsdichte (b).

Die Studie zeigt, dass sich die Stechmücken-Gemeinschaften in den Häusern und Wohnungen der Teilnehmenden aus sehr ländlichen und sehr städtischen Gebieten signifikant unterscheiden, d.h. aus den Häusern und Wohnungen vom Land werden teilweise andere Arten eingeschickt, als aus der Stadt. Gleichzeitig nimmt der Artenreichtum, also die Anzahl der verschiedenen Stechmücken-Arten, mit zunehmender Verstädterung ab. Dafür gibt es in der Stadt eine Handvoll Arten, die sehr häufig eingeschickt werden und daher als besonders anpassungsfähig an menschengemachte Umgebungen gelten. Dazu gehört die Hausmücke Culex pipiens, die Ringelschnake Culiseta annulata, aber auch die eingeschleppte Asiatische Buschmücke, Aedes japonicus. Diese drei Arten legen ihre Eier gern in künstliche Behälter mit Wasser. Das können Regentonnen und Vogeltränken im Garten sein, Vasen auf Friedhöfen oder aber auch Plastikmüll, in denen sich Wasser sammelt. Stechmücken der Gattung Anopheles finden sich öfter in Einsendungen vom Land, weil diese natürliche Brutgewässer bevorzugen.

Mit dieser Analyse wurden zum allerersten Mal „indoor“-Artgemeinschaften von Stechmücken deutschlandweit untersucht. Diese Studie war allerdings nur mithilfe der vielen Zusendungen an den Mückenatlas möglich. Denn weder können WissenschaftlerInnen an so vielen Orten Stechmücken fangen, noch ist es mit vertretbarem Organisations- und Zeitaufwand möglich, diese auch noch innerhalb der Wohnräume der Bevölkerung zu sammeln. Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll, welchen Mehrwert Citizen Science mit dem Mückenatlas der Stechmückenforschung bietet: Nur mit Unterstützung der Bevölkerung lassen sich bestimmte Forschungsfragen beantworten – oder auch erst stellen.

 

Literaturnachweis/Link

Pernat N, Kampen H, Jeschke JM & Werner D (2021) Buzzing homes: Using citizen science data to explore effects of urbanization on indoor mosquito communities. Insects 12(5): 374. https://doi.org/10.3390/insects12050374